Zur Geschichte des Rembertirings
Obschon sein Bau den fast völligen Abriss des südlichen Rembertiviertels zur Folge hatte, ist nie eine eigenständige Aufarbeitung der Geschichte des Rembertirings erfolgt. Geplant wurde der Rembertiring (auch „Tangentenstern“) als ein zentraler Teil der nicht realisierten „Mozarttrasse“; er sollte mit der Hochstraße einen Teil der Nordtangente bilden.

Die Geschichte der Mozarttrasse beginnt bereits 1852 mit der Einsetzung einer Deputation zur “Revision der Bauordnung”, die die Bebauung der östlichen Bremer Vorstadt strukturieren sollte. “Ringsum die neuen Stadtteile ist eine breite mit Alleen bepflanzte Straße projektiert, welche die Kommunikation zwischen den äußersten Straßen sowie den Ausgängen aus der Stadt vermittelt und zugleich einen großartigen Spaziergang um die Stadt darbietet” – so der Baudirektor Alexander Schröder. Die beiden Seiten des Dobben, damals noch getrennt durch einen Stichgraben sollten durch mehrere Brücken verbunden werden, und eine bequeme Verbindung zwischen den Häfen, dem Deich und dem Steintor, der Hastedter und der Schwachhauser Chaussee möglich machen. Der Dobbengraben wurde dann aber aus hygienischen Gründen kanalisiert, im westlichen Bereich zugeschüttet und zusammen mit dem östlich gelegenen Gelände gewinnbringend verkauft und der Bau der Straße schmaler als von Schröder vorgeschlagen ausgeführt.

Bereits in der „Stadt- und Landesplanung 1926 –1930“ konstatiert Oberbaurat Lempe eine „nicht mehr lange ertragbare“ Verkehrsbelastung des Bereichs der östlichen Vorstadt. Er schlägt ein System von Fernstraßen vor, welche den historischen Stadtkern und die Wallanlagen umschließen und in der „Gegend der Mozartstraße bzw. der Reederstraße die Weser überschreiten“ und durch das Ostertor Anschluss an das weitere Straßennetz erhalten. Nach dem Krieg waren sich alle an den Planungen für den Wiederaufbau beteiligten Gruppen darüber einig, dass die in der Nähe der Mozartstraße geplante Ostbrücke mit Schwachhausen und der Bahnhofsvorstadt verbunden werden sollte. Unterschiedliche Auffassungen gab es lediglich über die weitere Anbindung der Mozartbrücke.

1949 entschied die Bürgerschaft zugunsten der sogenannten „Teilringverbindung“ einem halbkreisförmigen Straßenzug, der vom Osterdeich zur Straße Auf den Häfen führen sollte. Von dort sollte die Teilringverbindung an den Breitenweg anschließen und mit einem entsprechenden Durchbruch zum Dobbenweg eine Verbindung nach Schwachhausen herstellen.

Teilringverbindung des Stadtplanungsamt vom Mai 1948
Die „Teilringverbindung“ des Stadtplanungsamt vom Mai 1948. Nach diesem Plan wären Wilhelmstraße und der östliche Teil der Meinkenstraße erhalten geblieben, die Rembertikirche ist in diesem Plan noch an ihrem alten Platz vorgesehen, Quelle: W. Seebacher: Ostertor, Nwd. Verlagsges, 1987.

„In den 1960er Jahren begannen in Bremen verkehrspolitische Planungen zum Bau eines „Tangentenvierecks“, dessen östlicher Teil eine etwa 120 Meter breite Schneise entlang der Mozartstraße mit Anschlüssen zum Rembertikreisel auf der einen Seite und zu einer neuen Brücke in die Neustadt auf der anderen Seite werden sollte – die „Mozarttrasse“. Durch diese Planungen sollte die bremische Innenstadt weitgehend von Verkehr freigehalten und dem erwarteten steigenden Verkehrsaufkommen Tribut gezollt werden. Entlang der Tangenten war eine Hochbebauung bis zu 28 Stockwerken vorgesehen“ (Wikipedia).

Nach den ersten Ankäufen durch die beteiligten Baugesellschaften (Bremer Hochbau, NWDS, Bremer Bau Union, Gewoba und die stadteigene Grundstücksgesellschaft Weser) und dem ersten Abräumen ganzer Straßenzüge stand plötzlich die gesamte Bebauung der Ostertorvorstadt zur Disposition. In seinem Gutachten Zustandsbericht Bremen Ostertorgebiet von März 1964 liefert Wilhelm Wortmann hierfür die städtebaulichen Grundlagen: Er sieht zwar keine Sanierungsdringlichkeit, „doch da die übergeordnete Verkehrsplanung störend in das Gefüge des Gebietes“ eingreife, müsse eine über die Verkehrsplanung hinausgehende Neuordnung erfolgen.“ Worthman liefert mit diesen Ausführungen die „moralische“ Legitimation für Ankauf und Abbruch von weiten Teilen des Gebietes. (Wilhelm Wortmann war vormals Baudirektor in der Bremer Bauverwaltung. „Noch während des Zweiten Weltkrieges erarbeitete Wortmann einen Plan für den Wiederaufbau Bremens, 1944 berief ihn der Rüstungsminister Albert Speer in den Arbeitsstab für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte. Als NS-Parteimitglied wurde er nach dem Krieg aus dem öffentlichen Dienst entlassen, blieb aber einflussreich als Mitarbeiter der Aufbaugemeinschaft Bremen.“ Weser Kurier, 4. Oktober 2019, Seite 15) Begünstigt wurde diese Entwicklung durch einen Ansehensverlust der östlichen Vorstadt, die bereits am Ende des 19. Jhds. durch die weiträumige Ansiedlung von Gewerbebetrieben ihren Anfang nahm. Nach der Inflation 1918 kam es dazu noch zu einer intensivierten Mietnutzung gut bürgerlicher Häuser sowie zu Umwidmungen großbürgerlicher Villen in Büro- und Verwaltungsgebäude. Dazu ermöglichte die Einführung neuer Verkehrsmittel (Auto, Straßenbahn) sozial besser gestellten Bevölkerungsschichten ein Wohnen am grünen Stadtrand.

Ab 1964 existierte ein Bebauungsplan mit Mozarttrasse und St.-Pauli-Durchbruch, nach welchem die Stadtgemeinde ihre Bodenkäufe tätigte. Unter welchen Bedingungen die Ankäufe und die damit verbundenen Vertreibungen der ehemaligen Bewohner von statten gingen, lässt sich nur erahnen.

Ab 1968 beginnt der SPD Ortsverein Altstadt politisch gegen die Trassenplanung vorzugehen. Dokumentiert hat diesen „Trassenkampf“ Konstanze Radziwill in ihrem gleichnamigen Film aus dem Jahr 2004.

Im April 1974 war der Druck so groß geworden, dass die Deputation für Bau- und Raumordnung in ihrem Planaufstellungsbeschluss entschied: „Die überörtliche Straßenverbindung – Mozarttrasse – soll entfallen“ – die Trassenplanung war beendet.

Der Rembertiring war zu diesem Zeitpunkt bereits seit 7 Jahren fertiggestellt.

Literatur:

  • Dörte Friemel: St. Remberti in Bremen, Die Kirchenbauten 1306 bis 2006, Hrsg. St. Remberti-Gemeinde, Bremen, 2007
  • Heike Großmann, Ruprecht Großmann: Das St.-Remberti-Stift, Hrsg. St.-Remberti-Stift, Verlag Simmering Lilienthal, 1998
  • Jürgen Neidhardt, Petra Schäfer, Marion Schoen u.a.: Ein Blick hinter die Fassaden, 2.Auflage, verlegt im Eigenverlag, Bremen, 1979
  • Wendelin Seebacher: Ostertor, Hrsg. Bremische Gesellschaft für Stadterneuerung, Nwd. Verlagsges., Bremerhaven, 1987
  • Holle Weisfeld: Ostertor-Steintor 1860-1945, Ein Photographischer Streifzug, 2. Auflage, Edition Temmen, 1999
  • Wikipedia: //de.wikipedia.org/wiki/Viertel_(Bremen), besucht am 12.04.09.