Zeitzeugen: Werner Leisse, geboren 1929, erinnert sich an seine Kindheit im Rembertiviertel.
Zuerst wohnten wir Am Dobben 4. Das ist heute ein Teil des Gartens, der zum Stift gehört. Ich habe dort als Kind immer in der Erde rumgepult nach Würmern und Käfern, das war ein herrliches Spielfeld. Im Haus gab es einen großen Festsaal. Das war wichtig, denn es wurde früher viel gefeiert. Wir wohnten dann auch Am Dobben 11.
Mein Vater Otto Leisse war HNO-Arzt. Er war ursprünglich aus Brilon und von Kiel nach Bremen gekommen. Er kaufte das Haus in der Rembertistraße 62, dort wohnten wir dann und er hatte seine Praxis.
Die Rembertistraße war ein vornehmes Wohnquartier, patrizische Bebauung, es war wunderbar anzusehen. Es gab dort und im Fedelhören alles: Bäcker, Fleischer, Friseur, Arzt und Apotheke. Und so schöne Häuser!
Mein ganzes Kinderleben spielte sich in dem Karree zwischen dem Schwimmbad am Richtweg, dem Bahnhof und dem Bürgerpark ab.
Unserem Haus gegenüber war das Rembertikontor. Auf der rechten Seite war dort die Wehrmacht drin, wir nannten das die Division. Jährlich am Tag der Wehrmacht wurden die Standarten rausgeholt, das fanden wir als Jungs natürlich spannend.
Im Hof des Rembertistifts stand schon damals die große Kastanie. Für kleine Jungs war das ein großer Schatz. Wir waren immer froh, wenn der Stiftsvogt nicht kam. Man lebte als Kind immer in einem Angstzustand vor Erwachsenen im Allgemeinen und vor Polizisten im Besonderen. Es gab damals noch viele Verkehrspolizisten und die hatten das allgemeine Züchtigungsrecht gegenüber fremden Jungs. Einmal ist mir einer weit gefolgt, als ich mit dem Rad unterwegs war und nicht angehalten hatte.
In der Nähe unserer Wohnung war das Pfarrhaus. Für einen kleinen Jungen war es immer beeindruckend, wie die älteren Kinder sich vor dem Pfarrhaus sammelten. Sie hatten Konfirmandenunterricht dort im Keller. Ich selber hatte wegen des Krieges kaum Konfirmandenunterricht.
Die Rembertikirche wurde im Krieg zerstört und brannte aus. Der Turm hat noch länger gestanden. Mein Vater hat mir in einem Brief nach Meißen, wo ich damals zur Kinderlandverschickung war, davon geschrieben, wie der Turm abgerissen wurde. Der Turm kippte nach der Sprengung zur Seite. Die Turmuhr lag mit dem Zifferblatt nach oben. Das war für Kinder ein herrlicher Tummelplatz. Wir haben damals von dort Drachen steigen lassen.
Das Jungvolk wollte in den Resten der Kirche ein Jugendheim bauen. Da ist aber nie was draus geworden. Aber ich erinnere mich, wie beim Graben auf dem Kirchengrundstück mindestens 30 bis 40 Schädel zum Vorschein kamen.
Als unser Haus mitsamt Praxis in der Rembertistraße ausbrannte, im Oktober 1944, machte mein Vater in der Klinik weiter, er war zugleich Chefarzt in der HNO-Klinik in der St. Jürgen-Straße. Im Stift gab es ein Badehaus; da gingen wir hin, als unser Haus zerstört war. Wir sind dann in das Haus Rembertikirchhof 19 gezogen.
Nach dem Krieg habe ich bei Tischler Röse in der Hoppenbank eine Ausbildung gemacht, der hatte Anbauten nach hinten raus, die wurden später abgerissen, um Platz zu schaffen für den Innenhof der Rembertischule. Auch das Haus Rembertikirchhof 19 wurde Anfang oder Mitte der 50er Jahre wegen des Kreisels abgerissen.
Dieser Beitrag wurde erstellt von einer Arbeitsgruppe der Rembertigemeinde um den Pastor Dirk von Jutrczenka.